James Gould-Bourn, Pandatage, Aus dem Englischen von Stephan Kleiner, Verlag Kiepenheuer & Witsch,Köln 2020 382 Seiten, €20,00, 978-3-462-05364-7

„ In diesem Augenblick wurde Danny bewusst, dass Liz‘ Tod nicht eine, sondern zwei Leerstellen in ihrem Leben hinterlassen hatte. Da war die klaffende Lücke, die sie in ihrer Familie hinterlassen hatte, aber da war auch die Lücke, die sie zwischen ihnen hinterlassen hatte, eine Lücke, die Will mit Schweigen und Danny mit Arbeit gefüllt hatte, wo sie sie doch eigentlich mit dem jeweils anderen hätten ausfüllen müssen.“

Danny Maloony musste ziemlich früh in seinem Leben Verantwortung übernehmen. Immerhin wurde er mit siebzehn Jahren Vater. Seine Frau Liz starb vor einem Jahr bei einem Autounfall. Ihr gemeinsamer elfjähriger Sohn Will saß im Auto und überlebte, beschloss allerdings von Stunde an nicht mehr zu sprechen. Danny schultert nun als Bauarbeiter seinen Alltag. Die Rechnungen häufen sich, sein Schwiegervater hasst ihn und sein Vermieter wird ihn, wenn er nicht bald zahlt, nicht nur aus der Wohnung werfen, sondern auch alle Knochen brechen. London ist kein einfaches Pflaster.
Danny fliegt bei seiner Arbeit raus und entschließt sich, als Straßenkünstler sein Geld zu verdienen.
Allerdings hat er keine besonderen Fähigkeiten. Er kann sich zwar ein Pandakostüm kaufen, in dem er eher wie eine riesige Ratte aussieht, aber das heißt nicht, dass er Einkünfte generiert.
Freund Ivan besorgt illegal eine Lizenz für den künftigen Straßenkünstler und stärkt dem doch verzweifelten Danny den Rücken.
Alle wissen, wie schwer es für den jungen Vater ist. Will indessen wird gnadenlos von älteren Jungen gemobbt und verprügelt. Freund Mo ist ihm keine große Hilfe.

Als Danny in seinem Pandakostüm mitansehen muss, wie sein Sohn herumgeschubst wird, geht er dazwischen. Will öffnet den Mund und sagt: „Danke!“
Gelingt es dem Vater Danny nicht zu Will vorzudringen, so öffnet sich eine Möglichkeit als stummer Panda mit Will ins Gespräch zu kommen. Einfach zu hören, was den Jungen bedrückt.

Zwischen Breakdancern, Nussjongleuren und Zauberern sucht Danny nach seiner passenden Rolle. Als Tanzbär ist er so gar nicht geeignet, zumal er kein Taktgefühl hat, aber das wäre seine einzige Chance, Geld zu machen und sich sogar Liz näher zu fühlen, die eine ausgezeichnete Tänzerin war. Mit Krystal, die eigentlich Christina heißt, findet Danny eine charismatische Person, die ihm die ersten Schritte beibringt. Langsam bekommt auch Danny als Kleinkünstler Aufmerksamkeit, aber so richtig leben kann er von den Tageseinnahmen kaum. Ein Wettstreit der Straßenkünstler im Hyde Park könnte ihn vielleicht retten, doch wer sagt, dass Danny da wirklich Chancen hat.

Ohne rührselig zu sein, aber mit großen Mühen, um nicht am Kitsch entlangzuschrammen, erzählt James Gould-Bourn von einer schwierigen Vater-Sohn-Beziehung und spickt die auch witzige Handlung mit originellen Figuren. Da ist der Ukrainer Ivan, der alles besorgen kann und sich Danny verpflichtet fühlt. Auch Krystal ist eine laute, eigenwillige Person, die eher am Rand der Gesellschaft steht und sich doch immer vordrängen würde, wenn es um ihre Interessen oder die ihrer Freunde gehen würde. James Gould-Bourn schreibt genau auf Pointen hin und verbindet gekonnt Sozialpolitik und gesellschaftliche Themen mit dem Privatleben seinen liebenswerten
Hauptfiguren.