Dora Heldt: Drei Frauen am See, Deutscher Taschenbuch Verlag premium, München 2018, 574 Seiten, €16,90, 978-3-423-26206-4

„Im Moment konnte sie einfach nicht darüber sprechen. Erst musste sie den Knoten für sich selbst lösen. Vielleicht half ihr Marie nun doch dabei. Beim ersten Mal hatte Alexandra ihre Hilfe abgelehnt.“

Sie kennen sich seit Teeny-Tagen: Marie, Alexandra, Friederike und Jule. Immer wieder verbrachten sie ihre Freizeit gemeinsam in der Villa am See zwischen Lübeck und Hamburg, immer wieder erzählten sie sich ihre intimsten Probleme und es ging um Männer, Beruf, Familie und Kinder. Ihre jahrelange innige Freundschaft ist jedoch endgültig vor gut zehn Jahren zerbrochen. Friederike war von Jule genervt, die geschieden vom attraktiven Arzt-Ehemann Philipp, ihr weiß machen wollte, dass sie die Kinder von ihrem Freund Ulli einfach akzeptieren müsste. Friederike platzte daraufhin mit einem Satz heraus, der sich auf eine Begegnung bezog, die Alexandra und Philipp allein in Norderney hatten, kurz bevor Jule schwanger wurde und die tiefe Freundschaft all der vier Frauen fiel von einer Sekunde auf die andere wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Marie, die ruhige und besonnene in der Runde, konnte nicht schlichten und so stoben alle in die Welt hinaus und blieben verfeindet.

All das jedoch erfährt die Leserin natürlich nur häppchenweise. Zu Beginn hatten die Freundinnen mit zwanzig noch die geniale Idee, jede aufschreiben zu lassen, wo die anderen wohl in dreißig Jahren sein werden. Da setzt die Handlung ein und der dramaturgische Spannungsbogen ist natürlich das Rätseln um den drastischen Crash im Leben der vier Frauen.

Nun ist Marie an Herzversagen gestorben und hat durch ihre Lebenspartnerin Hanna verfügt, dass sich die drei Frauen im Haus am See fünf Jahre nacheinander an Pfingsten treffen sollen. Dann gehört das Haus ihnen oder der Besitz geht an eine Stiftung.

Bevor die drei sich mit Hanna zu Pfingsten im Haus treffen und die Leserin versteht, warum es zu diesem gnadenlos Bruch zwischen den Frauen kam, schaut sie in die Wohnungen, Arbeitsräume und Seelen der drei Frauen. Sie lernt ihre Familienverhältnisse, ihre Sorgen, ihre Ängste, ihre Gedanken kennen. Zwischendurch erinnern sich Alexandra, Friederike und Jule an die gemeinsame glückliche Zeit, die auch geprägt war durch minimale aber bedeutungslose Eifersüchteleien oder Missgunst. Doch was kann vier Frauen so sehr verletzten, dass sie nach einer langen Zeit der innigen Vertrautheit nie wieder miteinander reden? Geldgeschichten? Natürlich – ein Mann.

Erstaunlich an der Lektüre von Dora Heldts Roman, der jede intelligente Leserin eindeutig unterfordert, ist, dass keine der Figuren, auch nicht im Umfeld der vier Hauptfiguren eine harmonische lange Ehe, ausgenommen Marie und Hanna, führen können. Männer betrügen ihre Frauen und kehren reumütig zurück, um sich dann jahrelang quälen zu lassen. Ehe werden oftmals nach zehn oder mehr Jahre geschieden, es gibt Affären ohne Ende und die Chance, auch der Frauen um die fünfzig, sich wieder zu verlieben. Beschrieben werden bei Dora Heldt bis zum Anlassen des Autos die kleinsten Details, wobei und das ist sicher beim Trivialliteratur typisch, der Sog enorm ist, der die Leserin in die Geschichten hineinzieht. Wie arbeitet und lebt eine wahnsinnig erfolgreiche Verlegerin, eine Hotelmanagerin in einem Spitzenhaus oder eine Physiotherapeutin ( vielleicht nicht so interessant )? Was verbirgt sich hinter den gut geschminkten Gesichtern? Welche Themen würden die Frauen heute besprechen? Demente Mütter, unpünktliche oder anhängliche Kinder, die einfach nicht erwachsen werden, Liebhaber, die sich nie von ihren Frauen lösen, die neuen Ex-Frauen, deren Stimme schrill und arrogant klingen, private finanzielle Pleiten?

Natürlich gibt es keine ambivalenten Figuren, tiefsinnige Charakterisierungen oder gar Auslassungen, die die Leserin selbst füllen müsste, denn die fiktiven Personen sind entweder überaus schön und erfolgreich wie Alexandra, mittelmäßig attraktiv wie Jule oder roboterhaft wie Friederike. Marie und ihre Mutter Laura sind die Engel und Mütter, die einem mit ihrem Egoismus auf den Keks gehen, die Teufel.

Der Blick hinter die Fassaden bröckelt stellenweise und doch ahnt jede Leserin, die zu diesem Buch treffsicher greift und darauf hofft, am Ende wartet ein Happy End und bald kann ich diese Handlung schön bebildert im Fernsehen sehen. Bis dahin jedoch habe ich diese Freundschaftsgeschichte längst vergessen, denn es fehlt ihr der Tiefgang wie jeder Herz-Schmerz-Verfilmung.

Aber einmal muss man Dora Heldt lesen und zu dieser Zielgruppe der Fans gehören, um bei der Kritik der Bestsellerliste im Fernsehen Dennis Scheck freundlich und wissend zuzunicken.