Margaret Forster: Isa and May, Aus dem Englischen von Saskia Bontjes van Beek, Arche Verlag, Hamburg 2011, 446 Seiten, €22,90, 978-3-7160-2638-0
„Ich dachte nur: Verdammter Mist, ich vergesse das ganze Affentheater und werde eine Vollzeitmutter.“
Isamay, Ende 20, hat sich als Englischlehrerin in der Welt umgesehen und kehrt zurück nach England, um ihre Masterarbeit zu schreiben. Sie hat sich in den stillen Schotten Ian verknallt und lebt mit ihm. Bedeutsam seit Kindertagen waren immer ihre sehr unterschiedlichen Großmütter Isa und May und so wundert es nicht, dass sie für ihre Abschlussarbeit sich berühmte Großmütter, wie Queen Victoria, George Sand oder Sarah Bernhardt gesucht hat, um über deren Verhältnis zu den Enkelkindern und ihr Leben zu schreiben.
Claudia, ihre Dozentin, beurteilt Isamays wissenschaftliche Forschung sehr skeptisch und kritisiert ihre unreflektierte Anhäufung von Material und das Ausbleiben der Analyse. Isamay vergräbt sich in den Geschichten und Briefen der berühmten Frauen und schlägt gleichzeitig gedanklich einen Bogen zu ihren eigenen Großmüttern. Isa ist die Mutter ihres Vaters, eine steife, korrekte, immer alles unter Kontrolle habende auch zeitweilig herrische Frau. Sie achtet auf ihre Kleidung, ihr gepflegtes Aussehen und die Umgangsformen. Mit ihrer Enkelin geht sich gern in Kunstausstellungen, um danach in einem noblen Hotel den Tee zu nehmen. May nennt sie hämisch gern die „Herzogin“ und verachtet sie für ihr bequemes Leben ohne wahre Geldsorgen. Die rundliche May tröstet sich und ihre Enkelin gern mit Malzbonbons, wohnt in einem kleinen Häuschen und ist gegenüber fremden Menschen sehr misstrauisch. Zu ihrer einzigen, akademisch arbeitenden Tochter ( zwei Söhne sind kaum erwachsen nach Australien ausgewandert ), Isamays Mutter, hat sie ein schlechtes Verhältnis. Die einfache Frau versteht ihre Tochter nicht und hält ihr nur zu Gute, dass sie einen Arzt geheiratet hat. Isamay jedoch hält tapfer und oftmals diplomatisch geschickt die Verbindung zwischen den Generationen. Wie kompliziert Familienbande sein können, das führt Margaret Forster dem Leser vor, der sich gern in die verschlungenen, unergründlichen Wege der beiden Großmütter entführen lassen will. Isamay kramt gern in der Vergangenheit, obwohl sie da eher die Kritik ihres Lebenspartners einstecken muss, der nie über seine Familie redet und auch mit Isamays nichts zu tun haben möchte. Je mehr Isamay damit beginnt, nach geheimnisvollen Geschichten im Leben der Großmütter zu fragen, um so öfter stößt sie auf unglaubliche Familienlügen. Wie kann es sein, dass es eine Geburtsurkunde von Isas jüngerem Bruder gibt, wenn sie behauptet, sie hätte nie einen Bruder gehabt? Wie stark sind Familienbande wirklich von der genetischen Seite her bedingt und welchen Einfluss hat dabei die Umwelt auf die Entwicklung der Kinder?
Umfangreich und vielschichtig sind die fiktiven und historisch belegten Familienalben, die in diesem unterhaltsamen Buch von der versierten englischen Autorin Margaret Forster.
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