Rainbow Rowell: Eleanor & Park, Aus dem Englischen von Brigitte Jakobeit, Carl Hanser Verlag, München 2015, 386 Seiten, €16,90, 978-3-446-24740-6

„Sie saßen nebeneinander, sahen sich an und hielten Händchen. Jetzt war nichts mehr zwischen ihnen. Nichts Dummes und Eigennütziges, das nur Platz wegnahm.“

Es ist wohl eines der ältesten Themen überhaupt, die Beschreibung der ersten großen Liebe auf der holprigen Straße Richtung Erwachsenwerden.

Bei den beiden Sechzehnjährigen Eleanor und Park beginnt sie 1986 ganz einfach im Schulbus. Hier besteht eine feste Sitzordnung, es wird herumgegröhlt und manchmal gibt es auch Ärger. Als Eleanor Douglas mit ihrer Familie neu in den Ort zieht, ist der erste Gang durch den Bus wie ein Spießrutenlauf. Niemand will ihr Platz machen, zumal sie mit ihren roten, wirren Haaren, leicht verunsichert, übergewichtig und dem seltsam zusammengestellten Kleiderstil auch nicht besonders interessant aussieht. Park Sheridan jedoch bietet ihr einen Platz an. Er ist ein schmaler Junge mit glattem schwarzem Haar, einer Honighaut, wie Eleanor aber erst später feststellen wird und einer koreanischen Mutter. Auch wenn Eleanor Park ihn in Gedanken den „kleinen, blöden Asiaten“ nennt, so schaut sie doch genau hin, wenn er seine Comics auspackt.
Anfänglich liest sie mit, dann borgt Park ihr seine Hefte, er lässt sie Musik mit seinem Walkman hören und die beiden brechen ihr Schweigen, indem sie über all das, was sie gemeinsam gelesen oder gehört haben diskutieren. Alles was im Bus um sie herum geschieht ist für sie kaum noch von Interesse.
Park und Eleanor konzentrieren sich ganz auf sich und sie warten bereits am Freitagabend auf den Montagmorgen. Als Park dann jedoch versucht Eleanor zu besuchen, endet alles in einem Desaster. Eleanors Mutter ist mit ihren fünf Kindern ins kleine Haus von Richie gezogen. Warum die Mutter sich diesen launischen, oft betrunkenen Mann ausgesucht hat, bleibt ein Rätsel. Eleanor jedenfalls hasst ihren Stiefvater, der jedes gute Gefühl in den Dreck zieht, kaum Geld für die Familie verdient, jeden Abend für Spannungen sorgt und alle schlecht behandelt. Eleanor musste ein Jahr die Familie verlassen, weil sie gegen ihn opponierte. Nun hält sie sich bedeckt und duldet jede Demütigung um der Geschwister Willen. Richie beschimpft Eleanor und sie nimmt es hin.
Aber die junge Frau muss nicht nur Zuhause einstecken, sie wird auch in der Schule, besonders im Sportunterricht gemobbt. Irgendjemand schmiert auf ihre Hefte obszöne Bemerkungen.
Als Eleanor sehr verunsichert zum ersten Mal Park besucht, spürt sie, dass seine Familie ganz anders lebt und miteinander umgeht. Parks Eltern küssen sich gern und sie hören einander zu. Auch wenn Parks Mutter am Anfang ihre Vorbehalte gegen Eleanor hatte, immerhin kennen alle Richie und seine Lebensweise, beginnt sie sie zu mögen. Eleanor versucht ihre Familiensituation bedeckt zu halten, möglichst nicht aufzufallen und im Strom der anderen mitzuschwimmen.

Park jedenfalls fühlt sich immer mehr zu Eleanor hingezogen, er wagt es ihre Hand zu umfassen und sie lässt es zu. Als sie seine Berührung aber nicht erwidert, ist der Junge verunsichert. Sehr langsam beginnen die beiden einander zu vertrauen und nicht an ihren oder den Gefühlen des anderen zu zweifeln. Aber immer wieder gibt es Missverständnisse oder Eifersüchteleien. Als Park einen Mitschüler, der Eleanor beleidigt hat, verprügelt, ist klar, dass er öffentlich zu seiner Liebe steht. \r\nEleanor jedoch kann mit niemandem über Park sprechen, weder mit ihrer Mutter noch mit ihren beiden Freundinnen an der Schule. Als Eleanor herausfindet, wer ihr die sexistischen Sprüche auf die Bücher schmiert und Richie entdeckt, dass Eleanor einen Freund hat, eskaliert die Geschichte.\r\n\r\nEinfühlsam, unangestrengt und konzentriert auf die beiden Hauptfiguren erzählt die amerikanische Autorin Rainbow Rowell eine berührend zarte Liebesgeschichte, immer im Wechsel aus der personalen Erzählperspektive von Eleanor und Park. Da die Geschichte vor fast 30 Jahren spielt, fallen die neuen Medien völlig aus. Es wird noch mit Kassetten hantiert und mit Schallplatten geht jeder pfleglich um.
Eleanors Familie besitzt weder ein Telefon, noch kann sie ihre Musik zu Hause hören. Als Teenager muss die junge Frau mit vielen Einschränkungen leben, sie hat kein eigenes Geld zur Verfügung und sie kann ihre Gefühle nie offen zeigen.

„Der Gedanke, mit Park in aller Öffentlichkeit auszugehen, war so ähnlich wie der Gedanke, im Weltraum seinen Helm abzunehmen.“
Berührend und zart formuliert Park seine Empfindungen und als nicht mehr geschwiegen wird, wird um so mehr offenbart. Auch wenn über Sex nicht gesprochen wird, so ist er latent in Eleanors Alltag durch Richie und seine ordinäre Sprechweise vorhanden. Sind Parks Eltern relativ tolerant, außer wenn Park sich schminkt, so glänzt Eleanors richtiger Vater eher durch Abwesenheit und Desinteresse und Eleanors Mutter, die aussieht wie ein müder Filmstar, steht nicht auf der Seite ihrer Tochter. Eleanor findet wenig Halt in der Erwachsenenwelt, aber sie kann sich auf Park verlassen und das ist viel.
Der Jugendroman „Eleanor & Park“ entwickelt eine beachtenswerte Tiefe, ohne dass einzelne Worte in diesem dicht formulierten Text mit Bedeutung überfrachtet werden.