Rachel Campbell-Johnston: Der Junge und der Elefant, Aus dem Englischen von Kathrina Diestelmeier, Aladin Verlag, Hamburg 2014, 409 Seiten, €16,90, 978-3-8489-2045-7

„Wenn dieses kleine Tier überlebt, müsst ihr lernen es zu lieben, es so sehr zu lieben, dass ihr es eines Tages freudig gehen lassen könnt. Ihr müsst es aufziehen im Wissen, dss es euch eines Tages verlassen wird.“

Bat, der eigentlich Nakisisa heißt, hütet die Rinder der Großmutter in der Savanne unweit vom Dorf Jambula. Einst wurde sein Vater Abili als Wildhüter, der sich besonders für Elefanten einsetzte, von Wilderern erschossen. Bats Mutter starb kurz nach der Geburt. Und nun muss Bat in seinem Versteck mitansehen, wie erneut Kriminelle eine Elefantenkuh töten. Unweit des Tatortes findet Bat ein Junges, dessen Chancen zu überleben, gering sind. Doch mit seiner Freundin Muka und mit Hilfe der einfallsreichen und vor allem erfahrenen Großmutter wird das Elefantenbaby aufgepäppelt. Allerdings sieht die Großmutter eine großes Problem, sie muss den Kindern klar machen, dass sie das Junge zwar lieben dürfen, aber auch gehen lassen müssen, wenn es ausgewachsen ist. Die Leute im Dorf nehmen das Elefantenkind an und der Chief des Dorfes nennt es Meya.

„\’Sie ist wie eine Kokosnuss in unserer Mitte gefallen‘, pflegte der Stammesführer zu sagen, wenn er dastand und sie durch den breiten Rand seiner Brille musterte,…“

Bei aller Freude über Meya verbreiten sich im Dorf immer mehr Gerüchte über die Rebellen, die Kinder entführen, um sie als Soldaten zu missbrauchen. Meya wird immer größer und langsam muss sie sich selbst ihre Nahrung suchen. Immer wieder gibt es unter den Kindern im Dorf kleine Fehden und ein Junge, Lobo, fällt durch seine Brutalität und Hinterlist immer wieder auf. Bat und Muka versuchen sich ihm zu entziehen, aber er ärgert das Elefantenkind, wo er nur kann.
Meya liebt Ananas, gräbt allerdings für die Dorfbewohner auch Baumwurzeln aus, schüttelt die hohen Äste im Mangobaum und ist der beste Torwart, den das Dorf je hatte. Aber Meya eckt im Laufe der Zeit mit ihrem großen Körper im Dorf überall an. Sie muss, und nun kommen die Worte der Großmutter zum Tragen, sich ihren Artgenossen in der freien Wildbahn anschließen, auch wenn sie eine menschliche Familie hat. Schritt für Schritt versucht nun Bat sein Elefantenkind, immerhin ist es jetzt fünf Jahre alt, an das neue Leben im Dschungel zu gewöhnen. Bat erkennt, bei allem Schmerz um den Abschied, dass er Meya als Wildtier mit viel Distanz behandeln muss. Die innigen Umarmungen mit dem Rüssel müssen künftig ausfallen und es gibt auch keine Süßigkeiten mehr in den Hosentaschen, die Meya so gern durchwühlt. Nach sieben Jahren, Bat ist nun 14 Jahre alt, trennen sich die Wege von Meya und Bat.

Wenn das nicht allein schon genug Erzählstoff für ein Buch wäre, beginnt nun ein zweiter Teil, in dem Bat und Muka von Rebellenführern, auch Lobo ist dabei, entführt werden. Mit brutaler Gewalt brechen die Kriminellen, Bat erkennt einen der Wilderer, die Seelen der Kinder und benutzen sie gnadenlos für ihre rücksichtslosen Vorhaben.
Bat, Muka und der schwer verletzte Freund Gulu suchen nun verzweifelt nach Wegen, um das Lager der Rebellen zu verlassen. Wie durch ein Wunder werden sie Meya auf einem ihrer Fluchtwege begegnen. Gemeinsam müssen sie gegen Hunger, Durst, Verzweiflung, tiefe Ängste und den Tod kämpfen.

Spannend, temporeich und atmosphärisch dicht erzählt Rachel Campbell-Johnston in ihrem Debütroman von einer ungewöhnlichen Freundschaft ohne Sentimentalitäten. Die englische Autorin greift für ihre Geschichte auf ihre Erfahrungen zurück, die sie als Reisende, u.a. in Uganda, gemacht hatte. Zwar ist die Geschichte um Bat und Meya fiktiv, aber sie beruht auch auf wahren Begebenheiten, die sich auf die Machenschaften der Rebellenarmee des Joseph Kony in Nord-Uganda beziehen.