Emma Shevah: Amber katastrophal genial, Aus dem Englischen von Birgit Niehaus, Chicken House im Carlsen Verlag, Hamburg 2014, 239 Seiten, €12,99, 978-3-551-52067-8

„Dad hat uns verlassen, weil ich ihm nicht gut genug war, und er hatte keinen Grund zurückzukommen, weil alles in seinem jetzigen Leben spannender ist als ich. Er würde niemals wiederkommen und ich würde niemals mehr Zeit mit ihm verbringen. Nie.“

Amber befindet sich mit ihren zwölf Jahren an einer Schnittstelle, sie verlässt die Grundschule und wechselt zur Spit-Hill-Highschool. Ein großer Schritt, der Amber ziemlich Angst macht, denn sie fühlt sich mit ihrem alten Handy wie ein Steinzeitmensch. Außerdem ist Amber ziemlich klein für ihr Alter, hat eine Dreckphobie und sie vermisst ihren Dad.

Amber lebt in London, ist aber mütterlicherseits Italienerin und väterlicherseits Japanerin. Irgendwie, so die Aussagen der Mutter, war ihre Ehe ziemlich kompliziert und hat letztendlich nicht funktioniert. Der Vater jedenfalls hat sich einfach aus dem Staub gemacht, ohne sich je bei seinen Kindern wieder zu melden. Amber hat auch noch einer kleine, ziemlich nervige Schwester, Bella.

Bella sehnt sich nach einem Dad, der mit ihr auf dem Spielplatz herumtollt und bei dem sie auf dem Schoß sitzen kann. Bella ergreift die Initiative und schreibt dem Vater einen Brief, den sie an Amber übergibt, denn die große Schwester kennt sicher seine Adresse. Amber kann Bellas Gefühle gut nachvollziehen und beschließt, Bella im Namen des Vaters zu antworten.

Allerdings versteht Bella alles falsch und glaubt nun, dass ihr Vater zu ihrem Geburtstag kommen wird.

Amber schlägt sich, bevor sie sich eine Vater-Strategie einfallen lassen kann, mit ihrem Schulanfang herum. Alle Fragen der neuen Schüler nerven sie. Warum sie so klein sei und ob sie aus China käme; immer die gleichen dusseligen Fragen. \r\nSchnell hat sie eine Freundin, die sie jedoch ziemlich überfordert, Chloe Cain und genauso schnell hat Amber eine Feindin, Joanne Pyke.

er kleine Bruder dieses Mädchens tyrannisiert im Kindergarten ihre Schwester Bella und voller Wut hatte Amber dem Jungen die Meinung gesagt und ihm auch noch den Arm umgedreht. Gewalt löst keine Probleme, meint Ambers Mutter, aber manchmal gibt es keinen anderen Weg. \r\nUnd dann ist da noch dieser Zeichenwettbewerb, bei dem Amber mitmachen muss.

Das Zeichnen ist ihre große Leidenschaft, aber sie traut sich kaum jemandem ihre Bilder zu zeigen.

Indem Amber sich ihren Traumvater aufs Papier bannt und mit ihm, auch wenn es nur in Gedanken ist, sprechen kann, lösen sich so ein zwei Konflikte. Letztendlich muss Amber ihre Schüchternheit überwinden, der Schwester sagen, dass der Vater ihr nie geschrieben hat und ihre Krieger-Zeichnung beim Wettbewerb einreichen.

Emma Shevah greift in ihrem unterhaltsamen Debütroman mit leichter Hand, ohne das Thema zu verharmlosen, die Abwesenheit der Väter auf. Amber und Bella können nicht verstehen, warum ihr Dad sich nie meldet. Dass ihm in seinem Leben etwas entgeht, kann die Mutter den Kindern zwar erläutern, aber verstehen können sie es dadurch noch lang nicht. Durch die Einbildung, dass Amber sich ihren Vater zeichnen kann und mit ihm reden, überwindet sie ihre Minderwertigkeitsgefühle, denn im Grunde hat sie sich immer doppelt klein gefühlt.

Ambers Erzählton gibt der Geschichte viel Schwung, Humor und auch Tiefe, denn Emmal Shevah weiß aus eigener Erfahrung, wie es sich ohne Vater anfühlt.