Anne Tyler: Im Krieg und in der Liebe

Anne Tyler: Im Krieg und in der Liebe, HoerbucHHamburg, Gekuerzte Lesung von Eva Mattes, 6 CD, 432 Minuten.

Mal aus der Sicht des in sich ruhenden Michael, der seinen Lebensmittelladen in Baltimore mit Praezision und Routine fuehrt, dann wieder aus Paulines Augenwinkel, der impulsiven, erwartungsvollen, tatkraeftigen Frau an seiner Seite, erzaehlt Anne Tyler in grossen Zeitschritten vom Leben zweier Menschen. Weder Eintoenigkeit noch grausig langweilige Provinz erwarten den Leser. Michaels und Paulines Geschichte fesselt und erzaehlt lebensnah von den Abgruenden zweier Menschen, die vermeintlich gnadenlos aneinandergekettet sind. Wie werden Lebensentscheidungen gefaellt? Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt und doch... Beide Protagonisten quaelt die Frage, was waere, wenn sie sich nicht vor dem Krieg, vor Pearl Habor begegnet waeren? Hat der Krieg und der Schmerz sie so schnell zusammengefuehrt oder war es wirklich die grosse Liebe? Pauline zoegert, bevor sie vor den Altar tritt. Ein kurzes Geraune unter den Hochzeitsgaesten. Sie ist sich nicht sicher. Wo gab es Schnittpunkte, gemeinsame Ziele, Gespraeche, an die sie sich gern erinnern. Michael ist sich schnell bewusst, dass sie gar nicht zusammenpassen, sich nicht respektieren. Da helfen auch Paulines Erzaehlungen nichts, die immer als Quintessenz beinhalten, was sie erwartet. Nur vergeblich, denn Michael versteht sie nicht. Immer nur Kraeche, Gezeter und Kaempfe im Hause Anton um Pfruende, die es zu erobern galt. Michael wird nochmal eine zweite Chance mit Anna erhalten, aber davor vergehen ueber dreissig Jahre, in denen sich Pauline und Michael lieben, streiten, einander annaehern, um sich wieder abzustossen und letztendlich verlieren. Lindi, ihre gemeinsame Tochter wird klammheimlich mit 17 Jahren die Familie fuer immer verlassen. Als sie nach ueber 20 Jahren, inzwischen haben ihre Eltern Lindis kleinen Sohn gefunden und aufgezogen, nach Baltimore zurueckkehrt, wird sie dem Vater nur noch mit verbalen Attacken begegnen koennen: � Du warst Eis und sie war Glas. ( ...) Zwei eigentuehmlich aehnliche Substanzen, wenn man es so nimmt und beide die Hoelle fuer ihre Kinder.�

Feinfuehlich liest Eva Mattes diese fast normale Lebensgeschichte der Familie Anton, die mit ihren Hoehen und Tiefen so dahinzufliessen scheint. Ohne zu psychologisieren beobachtet Anne Tyler und erzaehlt einfach nur vom Leben. Ihre Protagonisten sind lebendig und ploetzlich kann man sich nicht mehr von Pauline, Michael, ihren Kindern und Kindeskindern loesen und muss wissen, wohin ihre Lebenswege sie fuehren werden.

Roddy Doyle und Nick Hornby haben Anne Tyler zur besten Schriftstellerin der Gegenwart ernannt und das will schon etwas heissen.