Traumland

Vidar Sundstol

Aus dem Norwegischen von Ulrich Sonnenberg

Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2011, 352 Seiten, �19,99

� Man musste ständig darauf achten, was die Leute nicht sagten.�

Handlungsort dieses Krimis ist Minnesota, die weiten Waldflächen, Seen und kleinen Ortschaften um Cook Country an der kanadischen Grenze. Seit 1880 siedelten sich hier norwegische und schwedische Familien an und bis heute halten die Amerikaner an ihrer europäischen Herkunft fest. Auch Lance Hansen, 46 Jahre alt, so genannter �Waldbulle�, interessiert sich für die Geschichte und die mehr oder weniger wahren Legenden seiner Vorfahren. Aber seine Hobby-Ahnenforschungen gehen weit über die eigene Familie hinaus, denn Lance sammelt in seinem Archiv geschichtliche Daten der einstigen Pioniere. Zu seinem jüngeren Bruder Andy hat Lance kaum Kontakt, er trifft seinen siebenjährigen Sohn Jimmy alle zwei Wochen und widmet seine Zeit der örtlichen Historie. Lance ist es dann auch, der in unmittelbarer Nähe eines gro�en Kreuzes, Baragas Cross, am Lake Superior eine blutüberströmte, verwirrte nackte Person und einen zweiten grausam ermordeten Mann findet. Georg Lofthus' Kopf wurde brutal zertrümmert, ein schauriger Anblick, den Lance nicht vergessen kann. Die beiden jungen Norweger standen kurz vorm Ende ihres Paddelurlaubs und zelteten illegal im Wald. Lance ging der Anzeige nach. Nie gab es in der Geschichte des Landstriches einen Mord. Björn Hauglie, der Freund von Georg, steht nun unter Verdacht. Schnell ermitteln die Beamten, dass die beiden mehr als nur gute Freunde waren, auch wenn Georg kurz vor seiner Hochzeit stand. Als Lance Björn findet, stammelt dieser auf norwegisch das Wort Liebe. Ein Ermittler aus Norwegen wird eingeflogen, Eirik Nyland. Aus seiner Sicht und aus Lance Hansens Blickwinkel verfolgt der Leser die Ermittlungen und einen zweiten Fall, der allerdings in der Vergangenheit um 1892 spielt. In Lance' Familie kursiert eine Legende, wie einer der Vorfahren, der sehr junge Thormod Olsen, sich trotz gro�er Kälte den Weg ins gelobte Land erkämpfte, ein Zeichen für Siegeswillen und Zähigkeit, seit Generationen überliefert. Zur gleichen Zeit jedoch verschwindet ein indianischer Medizinmann, Swamper Caribon und Lance vermutet, dass diese beiden Männer und das Verschwinden des einen miteinander zu tun haben. In den Handlungsverlauf arbeitet Vidar Sundstol viele Details über die zwei Besiedlungswellen des Landes ein. Zum einen, die der französischen Pelzjäger ab dem 17. Jahrhundert und zum anderen, die Eroberung durch die alles vereinnahmenden Norweger. Ein Schwerpunkt in der Darstellungen ist für den norwegischen Autor Sundstol die Unterdrückung der ortsansässigen Indianer, der Ojibwe. Auch Mary, Lance' geschiedene Ehefrau stammt von den Ureinwohnern ab. Jeder, der mit Lance zu tun hat, erhält genaueste Informationen über die Besiedlungsgeschichte des Landes zu hören und auch Eirik Nyland trifft immer wieder auf Lance und bemerkt wie sein Kollege vom FBI, Bob Lecuyer, dass Lance etwas zurückhält. Nur weniges spricht dafür, aber in Lance baut sich ein bohrender Verdacht auf, der auch seine Glaubwürdigkeit als Polizist beschädigen könnte. Sein Bruder Andy scheint für ihn der Hauptverdächtige zu sein und niemals könnte Lance diese Vermutung publik machen.

Feinfühlig, literarisch anspruchsvoll, fern jeglicher Krimiklischees und ohne langatmige Passagen taucht der Leser in die gedankliche Welt von Lance Hansen ein. Der Autor hat selbst in Minnesota am Oberen See gelebt.

"Traumland" ist ein Buch mit offenem Ende. "Das ist lediglich der Anfang, dachte er." So lautet der letzte Satz des Romans und offenbart, dass noch zwei Romane über den Ranger Lance Hansen folgen werden.