GESTERN F�NGT DAS LEBEN AN

Allison Winn Scotch: Gestern fängt das Leben an, Deutsch von Sabine Maier-Längsfeld, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbeck 2010, 347 Seiten, �9,95

�Vielmehr haben sich die Muster meines Lebens wiederholt, und es ist offensichtlich, dass der einzige Mensch, den ich ändern muss, ich selbst bin.�

Jillian Westfield kann nicht fassen, dass sie davon irritiert ist, dass ihr ehemaliger Freund Jack nun heiraten will. Vor sieben Jahren hat sie ihn für Henry, den erfolgreichen Banker mit dem sie eine 18 Monate alte Tochter hat, verlassen, ihren Beruf als Werbemanagerin aufgegeben, um in einem grünen Vorort in der Nähe von Manhattan ein tristes Hausfrauendasein zu führen. Mit guten Vorsätzen ausgestattet, muss nun alles perfekt funktionieren: sie, ihre Tochter Katie und ihre Ehe. Insgeheim jedoch wei� sie, dass nichts mehr stimmt. Henry ist ständig beruflich unterwegs und sie unterdrückt mehr oder weniger offensichtlich ihren angestauten Frust. Nur Katie ist ein Sonnenschein und entwickelt sich prächtig. Als Jill dann in ihrem Selbstmitleid versunken ihren verspannten Körper den Händen eines Masseurs überlässt, geschieht etwas Unfassbares, sie landet im Jahre 2000, in ihrem alten Leben mit Jack. Die Zeitverschiebung ermöglicht der jungen Frau zum einen alles anders zu machen, zum anderen über ihre getroffenen Entscheidungen und das Leben mit Henry und Katie gründlich nachzusinnen. Viele Momente in Jills neuem, zweiten Leben wecken Assoziationen, die sie an ihr bereits gelebtes erinnern. Wie in einem unsichtbaren Gedankenstrom lässt sie ihr Leben Revue passieren. Warum hat es sie auf die Palme gebracht, wenn Henry sein benutztes Glas nicht in den Geschirrspüler gestellt hat? War er es allein, der sich für diesen ruhigen grünen Ort und das Haus entschieden hat? Hat Henry seine erfolgreiche Frau dazu gezwungen ihre Arbeit aufzugeben, um �Supermutti� zu werden? Warum hat sie sich an Henrys Erwartungen bis zur Unkenntlichkeit angepasst? Warum hat sie sich so lang geweigert, Kontakt zu ihrer Mutter aufzunehmen, die auch noch eine neunjährige Tochter hat? Sicher kommt der Moment in jedem Leben, wo man sich darüber Gedanken macht, wie es wäre, wenn man einen völlig anderen Weg eingeschlagen hätte. Wäre dann alles besser, wäre man glücklicher und hätte dann das Gefühl alles richtig gemacht zu haben?

Jill hat nun ihre zweite Chance und ist fest überzeugt, dass sie diese nutzen muss. Gelassener sieht sie nun ihre heftigen Streitereien mit Jack, seine Passivität und die Annäherungsversuche der Mutter, die Jill verlassen hat als sie neun Jahre alt war. Schnell klettert sie die Karriereleiter in ihrer Agentur empor, ist Jacks Verlobte, trotz schrecklicher Familie und Jacks kindlicher Abhängigkeit von seiner steifen Mutter und lernt Henry aufs Neue kennen. Alles scheint so zu kommen, wie es sich Jill in ihrem einsamen Hausfrauendasein einst erträumt hat. Nur Katie fehlt. Auf sich allein gestellt, kann Jill das Ruder rumwerfen und in ein anderes Leben steuern. Wären da nicht die Erinnerungen an ihre bereits gelebten Tage in der Zukunft, die sie aus der Distanz plötzlich in einem völlig anderen Licht sieht.

Märchenhaft liest sich dieser routiniert geschriebene Unterhaltungsroman, in dem es, wie auch in bereits anderen Varianten des Themas, nicht klappt, das Schicksal zu überlisten.