Ann Rosman: Die Tochter des Leuchtturmwärters

Aus dem Schwedischen von Gisela Kosubek, Rütten & Loening Verlag, Berlin 2010, 368 Seiten, �19,95

Nach vierzig Jahren wird im schwedischen Marstrand auf der kleinen Insel Hamneskär bei den Renovierungsarbeiten des Leuchtturms Pater Nosta eine männliche Leiche gefunden, eingemauert in einem Vorratsraum. Karin Adler von der Göteborger Kriminalpolizei und ihr nicht gerade geschätzte Kollege Folke, der es nicht lassen kann, Kollegen wie Verdächtige in ihrer Ausdrucksweise zu korrigieren, nehmen die Ermittlungen auf und sto�en auf Ungereimtheiten. Der Tote, Arvid Stiernkvist, war mit der gut betuchten Siri von Langer verheiratet, die nun mit ihrem neuen Ehemann in Marstrand lebt. Seltsamerweise findet die Spurensicherung einen Ehering neben der Leiche, der ohne Schmutzpartikel wie neu aussieht. Aus mehreren zeitlich versetzten Perspektiven erzählt Ann Rosman die Geschichte über Arvid, den Besitzer einer Transportfirma, und Elin, die Tochter des Leuchtturmmeisters. Beide verlieben sich und schnell ahnt der Leser, dass die gierige, selbstverliebte und dazu schwangere Siri nicht die rechtmä�ige Ehefrau von Arvid gewesen sein kann. Siri hat sich mit dem verheirateten Polizisten Sten eingelassen und suchte verzweifelt nach einem Ehemann. Arvid ist 1963 dann bei einem Segelbootunfall ums Leben gekommen, allerdings stellen die Ermittler fest, dass er vergiftet wurde. Eine weitere Person, Markus Steiner, ein deutscher Journalist, weilt in Marstrand und recherchiert. Er wurde adoptiert und sucht nach seinen Eltern. Dabei stö�t er auf ein Geheimnis aus vergangenen Zeiten. Der Auto freie Ort Marstrand ist einen knappen Quadratkilometer klein und nur per Fähre von Koö zu erreichen. Um so enger ist der Kreis der Verdächtigen, die sich alle viel zu gut kennen.

Aber Ann Rosman beschreibt nicht nur psychologisch genau die Familienverhältnisse der angesehenen von Langers, sie dichtet auch ihrer Kommissarin ernsthafte Beziehungsprobleme an. Kurzerhand entschlie�t sich Karin nach fünf Jahren ihren Lebensgefährten Göran, einen Handelsschiffskapitän, der nur alle sechs Monate zu Hause ist und dann umsorgt werden will, vor die Tür zu setzen. Sie verlässt die gemeinsame Wohnung und lebt auf ihrem Segelboot, einem französischen Stahlboot und lässt sich den Wind in diesem eiskalten Frühjahr um die Nase wehen.

Atmosphärisch dicht fängt Ann Rosman, selbst passionierte Seglerin, in ihrem Debütroman die schwedische Wasserlandschaft, das Fischerleben und die Mentalität der Menschen auf den Schären ein. Sie erzählt von den Fischern, die verdrängt werden, von den Schönen und Reichen, die die Grundstückspreise hochtreiben und sie berichtet von Sara, der Schwiegertochter von Siri, die nach ihrem Burnout darum ringen muss, dass ihre Umwelt ihre Krankheit akzeptiert. Und noch einen Schritt tiefer in die Vergangenheit führen sie die Ermittlungen, obwohl, sollte es Mord gewesen sein, dieser schon längst verjährt war. Arvid und sein Bruder hatten die Firma der Eltern, die sich in London im II. Weltkrieg angesiedelt hatten, übernommen. Jeder wusste, dass die Stiernkvists flüchtenden Juden geholfen haben. Bekannt ist auch, dass Taucher immer noch nach Wracks suchen, die Schätze an Bord hatten, u.a. auch das eingeschmolzene Gold jüdischer Eigentümer. Als dann eines Tages, für Karin ist der Fall fast abgeschlossen als sie hinter Siris Lügen kommt, ein ermordeter Taucher mit abgeschnittenen Händen gefunden wird, ahnt sie, dass zwischen Arvids Tod, der Wracksuche und Elins Verschwinden ein Zusammenhang bestehen muss.

Ann Rosman verknüpft zwar geschickt aber viel zu viele unterschiedliche Handlungsfäden. Sie legt diverse Fährten in verschiedenen Zeiten aus, verliert diese nicht aus den Augen, ist aber zu detailverliebt und benötigt einen Leser, der an den zahlreichen Personen und ihren individuellen, durchaus spannenden Geschichten dranbleibt. Keine grausamen Brutalitäten um der Effekte wegen werden ausgewalzt, noch wird der Leser mit kriminaltechnischen Details genervt. Alles dreht sich um den Fall und doch kreist die schwedische Autorin auch wohltuend um das Alltagsleben der Inselbewohner mit all den Höhen und Tiefen. Und wer die letzte Seite des Romans zuschlägt, ist sicher auch gespannt auf den zweiten Band.