Peter Pohl: Anton, ich mag dich

Aus dem Schwedischen von Birgitta Kircherer, Carl Hanser Verlag, München 2010, 144 Seiten, �12,90

� Du bist die Welle, die ihren eigenen Weg durch unser seichtes Gewässer zieht.�

Jojo bewundert Anton. Er ist ein fantastischer Fu�ballspieler, hilfsbereit, kein Angeber und die anderen respektieren ihn, auch wenn er mal ein Mädchen, dass sich verletzt hat, tröstet. Jojo freut sich als Anton auf ihn aufmerksam wird und ihn einlädt, in seinem Fu�ballverein mitzumachen. Die beiden Jungen freunden sich an und Jojos Vater fährt Anton nach dem Training nach Hause. Angeblich hat sich Antons Vater verspätet. Jojo erzählt von dieser beginnenden Freundschaft in einem bewundernden Ton, den seine Eltern nicht teilen. Sie sind eher skeptisch, denn Anton scheint ein Lügner zu sein. Immer wieder hat er neues Handys dabei und wenn Jojo ihn daraufhin anspricht, dann folgt eine unglaubwürdige Geschichte nach der anderen. Für Jojos Eltern hat Anton viel zu viel Freiheiten. Die Jungen sollen nicht ins Zentrum der Stadt gehen. Doch das Verbotene ist ja gerade das Aufregende. Auch Jojo beginnt zu lügen, doch der Vater erkennt die Unwahrheit. Mit viel Distanz beobachten die Eltern die Beziehung der beiden Kinder. Anton liebt Jojos kleine Schwestern, die er nur peinlich findet. Anton denkt, dass Jojos Eltern reich sind, denn sie besitzen ein Haus. Er wohnt nur in einem Hochhaus und nie lädt er Jojo zu sich ein. Jojo verschlie�t die Augen vor vielem. Als Anton Jojo dann zu Weihnachten das superteure Teleskop schenkt, dass Jojo im Schaufenster so bewundert hat, beginnt der Freund langsam zu verstehen. Jojo und sein VAter machen das Geschäft ausfindig, aus dem es gestohlen wurde. Jetzt will Jojo wissen, was mit Anton los ist, worin sein Geheimnis besteht. Die Wahrheit ist mehr als bitter, denn eines Tages kommt Anton nicht mehr in die Schule. Das Jugendamt hat ihn abgeholt. Seine Eltern sind vor acht Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Nun wohnt der Junge bei seinem behinderten Onkel Albin, der ihm nichts bieten kann. Anton hat sich mit anderen durch Diebstähle bereichert und eine Scheinwelt aufgebaut, die nun wie ein Kartenhaus zusammenfällt als Jojo in seiner Wohnung steht.

Peter Pohl (*1940), schwedischer Schriftsteller und Mathematikprofessor, umkreist in seinen Kinder- und Jugendbücher oft die Problemfelder Kindheit und Freundschaft. �Jan, mein Freund� war eines der ersten, mit vielen Auszeichnungen bedachte Jugendbuch, mit dem der Schwede auf sich aufmerksam gemacht hat und so zum Geheimtipp wurde. Peter Pohl schlägt sonst auch aus eigenen Erfahrungen in seinen Jugendbüchern einen sehr harten Ton an, umgeht nie Gewaltszenen und meidet kaum den genauen Blick auf die reale Welt. In �Anton, ich mag dich� könnte der Leser ahnen, welches Leben Anton im verborgenen führt. Aus Jojos Perspektive, dem wohlbehüteten, in einem harmonischen Elternhaus lebenden Jungen, beobachtet der Autor seine Hauptfigur, den charismatischen Anton, der den Erwachsenen spielt und doch nicht perfekt ist. Anton scheint zwei Gesichter zu haben. Langsam und psychologisch genau entwickelt Peter Pohl die Beziehung der beiden Jungen. Aus der gro�en Bewunderung seitens Jojos entwickelt sich eine enge Freundschaft. Der schwedische Autor erzählt auch aus Jojos Sicht in einer bildreichen und genauen Sprache von den Ereignissen und überlässt dem Leser eine eigene Meinung. Anton ist fasziniert von Jojos Familie, den kleinen Schwestern, den Eltern, die an allem interessiert sind. Ihnen möchte er gefallen, mit Jojo auf gleicher Stufe stehen. Doch bei Peter Pohl entstehen zwischen den Protagonisten Freundschaften nie nur zum Spa� oder als Laune, sie sind immer mit existentieller Bedeutung aufgeladen. Anton macht sich ein Bild von Jojos Leben und liegt völlig schief. Jojo glaubt Anton zu kennen und irrt sich. Als Jojo in seiner Freundschaft zu Anton um ehrliche Antworten bittet, fühlt er sich von den Antons Aussagen betrogen. Peter Pohl wirft viele Fragen auf, die Kinder sich stellen: Was wei� ich wirklich über Freunde? Wie genau will ich jemanden wirklich kennenlernen? Halte ich zu einem Freund, auch wenn er mich anlügt?

Mit wahrer Empathie für beide Jungen erzählt der schwedische Autor nah an der realen Lebenswirklichkeit entlang. Das ist eine Geschichte, die den Leser auch nach dem Ende der Lektüre beschäftigen wird.