GLASFL�GLER

Marleen Nelen: Glasflügler, Aus dem Niederländischen von Thomas A. Ostheim, Verlag Urachhaus, Stuttgart 2010, 254 Seiten, �14,90

�Im Vergleich zu Insekten sind Menschen ein missratener Versuch der Natur.�

Endlich steht Len Meyer, Nours Vater, vor dem gro�en Durchbruch als Geigenvirtuose. Tille, Nours Mutter, hat einen guten Agenten für ihren weltfremden Mann gefunden und endlich findet das erste Konzert statt. Alles könnte wunderbar sein, wären da nicht die lautstarken Streitereien zwischen den Eltern und Nours leise Ahnung, dass Tille heimlich bereits neue Lebenswege sucht. Den nächsten Krach, die Familie fährt trotz Geldsorgen in die Ferien, nimmt Tille zum Anlass um einfach fortzugehen. Vorher hat sie ihren Beruf als Krankenschwester an den Nagel gehängt und nun begleitet sie Michael, Lens Agenten nach Chicago. Len kann sich von dem Schock nicht mehr erholen, er fällt in bodenlose Tiefe. Nour, 13 Jahre alt, fühlt sich von beiden Eltern allein gelassen. Er blendet alles um sich herum aus. Glücklich ist er nur, wenn er Insekten sammeln kann und immer mehr über ihr Verhalten erfährt. In der Schule fühlt sich der Junge mehr und mehr unwohl, er beginnt zu schwänzen. Da Len sich gehen lässt, kann Nour auch die Briefe der Behörden verschwinden lassen. Tille versucht den Kontakt zu Nour aufzunehmen, ihm zu erklären, dass sie alles in ihrem bisherigen Leben wider Willen getan hat. Nour kann daraufhin nur eine Frage stellen: �Hast du uns denn gegen deinen eigenen Willen geliebt?� Er ist zu tief enttäuscht. Zu seinem Geburtstag wünscht sich Nour einen Insektenschrank. Alles dreht sich bei ihm nur noch um Ohrwürmer, Glasflügler, die Wei�e Tigermotte oder Ameisen. Nour wei�, Grö�e zählt nicht. Die Stärke der kleinen Insekten verhilft Nour zu einer Struktur in seinem Leben. Sie enttäuschen ihn nie, denn er kümmert sich um sie. Nour vergleicht sogar die Menschen seiner Umgebung mit Insekten, so stellt er fest, dass die Ohrwürmer bessere Mütter sind als Tille, die einfach wegfliegt und er vergleicht die neue runde Nachbarin Diana mit einer Riesenraupe. Als klar wird, dass Len seine Konzerte einfach hat ausfallen lassen und es an Geld zum Leben fehlt, ziehen die Vater und Sohn Hals über Kopf aus dem gro�en Haus mit Garten in eine Sozialsiedlung, in ein Hochhaus um. Der Vater versucht sich als abgerissener Stra�enmusiker durchzuschlagen, um die Miete für die winzig kleine Wohnung zahlen zu können. Doch die Wände sind dünn, immer wieder gibt es Krach mit den asozialen Nachbarn. Schwer setzen die Jugendlichen Anko und Beer Nour zu. Anko, der von seinem alkoholabhängigen Vater regelmä�ig geschlagen wird, gibt seine Aggressionen an den Neuen weiter. Nour schweigt und beginnt wieder dem Unterricht fernzubleiben. Offenbar eine ausweglose Situation.

Marleen Nelen durchbricht in ihrem Roman diesen Kreis der Gewalt, indem Nour sich endlich mit seinem Vater auseinandersetzt und die angestauten Konflikte zur Sprache bringt. Enttäuscht wendet er sich von Len ab und sucht einen eigenen Weg, der Tyrannei Ankos zu entkommen. Wie weit Beer und seine Mitschülerin Jutta auf seiner Seite stehen, wird ihm klar, als er endlich sich nicht mehr in dem Büschen, wie ein hilfloses Insekt verkriecht.

Schade, dass viele Druckfehler, bis hin zu fehlenden Wörtern, sich in den Text eingeschlichen haben.