ALS OPA ALLES AUF DEN KOPF STELLTE

Marianne Musgrove: Als Opa alles auf den Kopf stellte, Aus dem australischen Englisch von Gabriele Haefs, Beltz & Gelberg Verlag, Weinheim 2010, 144 Seiten, �9,95

�Es war, als ob Opa unser Kind geworden wäre und wir seine Eltern.�

Tahlia und Kenzie leben bei ihrem Opa, den sie Pirat nennen, seit ihre Eltern vor sieben Jahren bei einem Bootsunfall ums Leben gekommen sind. Fest halten alle drei zusammen und doch schwebt die ältere Tahlia, schwer in der Pupertät, neuerdings in anderen Sphären. Das beobachtet die 11-jährige Kenzie, aus deren Sicht das Geschehen erzählt wird, und nennt ihre Schwester neuerdings auch Hormonthalia. Natürlich nicht, wenn sie das hören konnte. Als der Opa einen Unfall hat, beginnt das friedliche Leben der beiden Mädchen erste Risse zu bekommen. Ihr erwachsene Halbschwester Lydia bemerkt, dass der Garten ziemlich verloddert ist, im Kühlschrank einiges vor sich hinschimmelt und Kenzie sich nicht regelmä�ig wäscht. Doch die Mädchen schwören, dass sie ihren Opa vor der neugierigen Schwester schützen, die andeutet, dass sich etwas ändern muss. Wie schlimm der Zustand des Gro�vaters ist, beschreibt die australische Autorin in vielen kleinen Szenen. Er verlässt das Haus, kann seinen Stuhlgang nicht mehr kontrollieren, er redet wirres Zeug, findet seine Brieftasche nicht mehr, fühlt sich verfolgt und verwechselt Kenzie mit seiner verstorbenen Tochter. Zum Glück sind gerade Ferien und so können die Kinder rund um die Uhr den Opa im Blick haben. Wie anstrengend das jedoch � trotz selbstgebautem Alarmsystem � ist, das bemerkt Kenzie sehr schnell. Sie muss die ganze Verantwortung übernehmen, denn Tahlia kümmert sich nur um ihr Ballettaufführung. Kenzie spürt das Misstrauen des Opas, sie fühlt, dass alles falsch läuft und die Katastrophe lässt nicht lang auf sich warten.

Indem die australische Autorin Marianne Musgrove aus der Perspektive des Mädchens erzählt, schlägt sie eine Brücke zum kindlichen Leser, der sehr schnell Kenzies schwierige Situation begreift. Sie liebt ihren Opa und doch muss sie ihn nun wie ein Kind behandeln, wie ein Kleinkind. Das schmerzt, denn das Mädchen wei�, so kann es nicht mehr lang funktionieren. Schnell scheitern die Kinder an den Alltagsdingen, die Erwachsene bewerkstelligen müssen. Marianne Musgrove umschifft das heikle Thema Demenz nicht, sondern gewinnt ihm auch eine gewisse Situationskomik ab. Mit sehr viel Leichtigkeit und doch Tiefe beschreibt sie das Leben der Kinder mit dem Gro�vater an seinen hellen und dunklen Tagen.

Derzeitig gibt es in Deutschland ungefähr 1,2 Millionen Menschen, die an einer Demenz erkrankt sind. Darunter befinden sich 650.000 Menschen, die an einer Alzheimer-Demenz leiden. So wie viele Krankheiten benannt werden, sollten Eltern mit Kindern über Demenz sprechen können. Bücher wie dieses, aber auch das Bilderbuch von Ulf Nilsson � Als Oma seltsam wurde� ( Moritz Verlag) können helfen, zu verstehen.