Mireille Geus: Wolf

Deutsch von Ita Maria Berger, Verlag Urachhaus, Stuttgart 2010, 121 Seiten, �12,90

"Ich bin froh, dass du mein Freund warst. Danke, alter Junge."

Zoltan dreht sich ewig lang vor dem Spiegel, bevor er in den Bus steigt, um nach zwei Jahren seinen ehemals besten Freund Wolf zu treffen. Wenn Wolf lächelt, sieht man seine gelben ReiÃ�zähne und denkt unwillkürlich an dieses wilde Tier. Innerlich sehr ruhig erinnert sich der ca. 13 jährige Junge an viele wichtige Episoden, die er mit Wolf durchlebt hat. In seinem inneren Monolog, die Rahmenhandlung bildet die Busfahrt und das Treffen,offenbaren sich alle gegensätzlichen Gefühle dem Freund gegenüber. Alles beginnt mit den beiden im Kindergarten. Zoltan ist noch unsicher, Wolf geht auf ihn zu und die Jungen werden sich nicht mehr trennen. Sie verleben jeden Nachmittag gemeinsam, die Ferien und gehen in die gleiche Klasse. Wolf ist nicht nur wild, sondern auch sehr unordentlich, nachlässig und unachtsam. Zoltan, der ruhigere und behütetere von beiden, sorgt sich um Zappy, Wolfs Meerschweinchen. Nie säubert Wolf den stinkenden Käfig und nie kuschelt er mit dem Tier. Diese Aufgabe übernimmt der ordentliche, sehr empfindsame Zoltan. Eines Tages, Wolf hat sich bereits dem sportlichen Leo zugewandt, betreten die drei Jungen Wolfs Zimmer und riechen den Tod. Wolf spürt zwar Traurigkeit, aber er lässt wenig an sich heran. Leo drängt Zoltan nach und nach aus der Freundschaft, Wolf lässt es zu und Zoltan kämpft nicht. Er wendet sich dem unscheinbaren Fred zu und spürt auch Wolfs Eifersucht.Nie reden die beiden Jungen miteinander. Es kommt zum Eklat und Wolf verletzt Zoltan schwer und entschuldigt sich nicht. Da sich Zoltans Eltern trennen, zieht der Junge nach dieser schweren Enttäuschung mit der Mutter aufs Land. Als dann bei einem Schulausflug Wolfs Mutter Zoltan im Zoo trifft, bittet sie ihn um einen Besuch und sagt wie nebenbei, dass Wolf Zoltan sicher nocheinmal sehen möchte. Hier stutzt der aufmerksame Leser, Zoltan offensichtlich nicht.

Während der Busfahrt hat Zoltan noch Angst zu spät zu kommen, Angst, dass der ungeduldige Wolf nicht mehr da sein könnte. Er ahnt nicht, dass sein bester Freund nicht auf ihn warten wird.

Mireille Geus schaut tief und feinfühlig in die Seelen ihrer Helden. Bereits in ihrem Roman "Big" beobachtet sie das Verhalten der unteerschiedlichen Kinder genauestens und beschreibt es realistisch und glaubwürdig. Auch in diesem Jugendbuch konzentriert sich die niederländische Autorin auf die enge Freundschaft der beiden Jungen, die zerbrechen wird, aber Schuld daran hat niemand. In nur wenigen Sätzen charakterisiert sie die Jungen, ihr soziales Umfeld, ihr Wesen. Zoltan, dem die Mutter immer übersichtliche Grenzen setzt, spürt mit Wolf die Ungebundenheit. Wolf akzeptiert zoltans Regeln zu Hause und mag die klaren Ansagen. Dass die beiden sich auseinanderleben, nicht miteinander sprechen und sich eher verletzen als um die Freundschaft zu kämpfen, schmerzt beim Lesen sehr.

Mireille Geus hat wieder eine nachdenklich stimmende Geschichte aus dem Leben geschrieben, die jeden aufmerksamen Leser noch lang beschäftigen wird.