DIE FRAUEN

T.C. Boyle: Die Frauen, Aus dem Amerikanischen von Kathrin Razum und Dirk van Gusteren, der hörverlag, 8 CD.

„ Er war tatsächlich der größte Architekt der Welt. Er war es tatsächlich.“

Der Amerikaner Frank Lloyd Wright, der am 9. April 2009 vor 50 Jahren verstorben ist, geht als einer der bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts in die Geschichte ein. Klare Formen, im Guggenheim-Museum zu bewundern oder in seinen „prairie houses“, zeichnen seine Schöpfungen aus. Keine Gardinen, keine Plüschkissen wollte er in Wisconsin, seinem Heim und Atelier Talesien ( Konzept des walisischen Hintergrunds fehlt leider) haben. Die exaltierte, morphiumsüchtige Künstlerin Miriam wollte das nicht einsehen. Ihr war klar, sie hatte sich nicht mit einem in höheren Sphären schwebenden Genie eingelassen, sondern mit einem Bauern, die ihre gehobene französische Küche nicht ausstehen konnte und ihre manirierte Ausdrucksweise verachtete. Aber auch Wright hat sich seinen Frauen gegenüber nicht gerade als feinsinniger, fairer oder gar loyaler Mensch verhalten. Er ist lieber geflohen, hat sich in Schweigen gehüllt und jegliche Auseinandersetzungen weit von sich geschoben. Seine Arbeit stand über allem und sein Wohlergehen. Ein wage Vorstellung vom Menschen Wright kann der Leser / Hörer auch nur dadurch gewinnen, wenn er genau Wrights Verhalten seinen Frauen gegenüber beobachtet. Ein Außenstehender ist der Erzähler, ein japanischer Schüler des Meisters. Dieser kennt die menschlichen Abgründe und er schmeichelt Wrights Eitelkeit und seiner Gier nach Aufmerksamkeit. Hingebungsvoll und aufopfernd führte sich der Künstler nur auf, wenn er seine Frauen noch liebte. War dieses Gefühl entschwunden, dann konnte er unehrlich, feige und verschlossen sein. Wie viele Skandale wegen unmoralischen Verhaltens mussten seine Frauen durchstehen. Auch wenn er gerade bei seiner Flucht mit der letzten, sehr jungen Frau Olgivanna angegriffen wurde, in Gewisser Weise stand er doch über den Dingen.

T.C.Boyle erzählt von den vier Frauen ( im Booklet des hörverlages werden nur drei Frauen erwähnt, Mamah, die ermordet wurde, fehlt) in sehr umständlicher Erzählweise. Er rollt Wrights Leben mit seinen Frauen von hinten auf und beginnt mit der russischen Emigrantin Olgivanna, leitet dann zur anstrengenden Miriam über, zu seiner früh geschlossenen Ehe mit Cathrine, über die man leider wenig erfährt und dann zu Mamah, die auf tragische Weise zu Tode kam.

Ulrich Matthes liest dieses Hörbuch voller Hingabe an die so unterschiedlichen Frauencharaktere. Er verleiht ihnen unterschiedliche Stimmlagen, schmeichelt, kreischt, gurrt und flucht. Er enthüllt die liebenswerten, aber auch schockierend wilden und dunklen Seiten dieser Protagonistinnen. Frank Lloyd Wright ist nie unschuldig an den Eskalationen, obwohl er auf die Milde der Gesellschaft hofft, die einem Künstler zusteht. Ulrich Mattes zu folgen ist eine ausgesprochenes Vergnügen, auch wenn die lange Erzählung viele Fragen offen lässt.